Es ist schlicht ein Blickfang, so ein Möbelstück oder gar ein ganzes Zimmer aus alten Holzbalken. Die Maserung wird durch die alten Bearbeitungsmethoden wie dem Hobel oder der Breitaxt ganz besonders hervorgehoben. Das honigfarbene Holz fängt das Sonnenlicht auf eine Weise ein, die kaum ein anderer Werkstoff nachzuahmen vermag. Reste von Holznägeln, Gravuren oder Zäpfungen zeugen von echter Handwerkskunst. Holz ist als Baustoff generell im Aufschwung, aber Altholz erlebt gerade im wahrsten Sinne des Wortes eine Renaissance.
Seit jeher wiederverwendet
Natürlich muss beispielsweise ein alter Balken entsprechend gelagert worden sein – schimmliges, insektenzerfressenes oder morsches Holz kann noch so altehrwürdig sein, man wäre besser beraten, es nicht zu verwenden. Aber ein gut erhaltenes Stück hat auch nach einem Jahrhundert noch seine Stabilität. Neu ist der Ansatz des Recyclings von Holz auch nicht: Seit Jahrhunderten wurden Naturholzbalken aus verschiedenen Bauten immer wieder neu verwendet. Sie waren als Bauteile schlicht zu wertvoll, als dass man sie verbrannte oder wegwarf.
Auch nach 100 Jahren noch tragfähig
Altholz kann man für verschiedenste Unterfangen einsetzen – sogar für Tragwerke. Michael Meuter von der Informationsabteilung des Holzwirtschaftsverbands Lignum erklärt, was es zu beachten gilt: «Bei Vollholz braucht es dafür zuerst eine Prüfung auf Schäden durch mechanische Einwirkungen oder Feuchtigkeit, welche die Tragfähigkeit beeinträchtigen. Wenn alles gut ist, kann man das Holz neu klassieren und es nach den geltenden Normen gemäss seinen statischen Qualitäten wieder einsetzen.» Jedoch müsse man sichergehen, dass dem Holz auch ursprünglich keine Behandlung angediehen wurde, die ein Problem für den neuen Verwendungszweck darstellen würde. Man denke da an alte, teerölgetränkte Balken der Eisenbahn, die noch vor ein paar Jahrzehnten zum Bau von Kinderspielplätzen durchaus Verwendung fanden.
Alpines Flair für Zuhause
Wo Altholz aktuell eher zum Einsatz kommt, ist einerseits in der Innenarchitektur zur Dekoration und andererseits in der Möbelherstellung. In der Schweiz gibt es verschiedene Schreinereien, die sich auf diesen Baustoff spezialisiert haben und ganze Räume damit gestalten. Natürlich gilt: Alles ist möglich – solange das Budget entsprechend ist. Holz ist zwar eine erneuerbare Ressource. Bei Altholz sieht es indes anders aus. 100-jähriges, gut erhaltenes Holz ist begrenzt und damit entsprechend kostspielig. Vor allem, wenn die eigenen vier Wände damit ausgekleidet sein sollen. Immerhin hat man bei einem professionellen Anbieter meist die Garantie, dass das Altholz fachgerecht gelagert und behandelt wurde. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Danach sieht es im Eigenheim aus wie in einem dieser schönen, modernen Alpenhotels.
Ein zweites Leben für alte Einzelstücke
Am interessantesten aber ist wahrscheinlich das Möbelsegment. Möblierung aus Altholz ist stark im Trend. Das spiegeln allein die verschiedenen spezialisierten Hersteller wider. Solche Manufakturen stellen verschiedenste Möbelstücke aus altem Gebälk her. Dabei ist man offen für Ideen. Wer nicht weiss, wohin mit Grossvaters alter Werkbank, oder noch über einzelne Teile eines alten Möbelstücks verfügt, kann diese den spezialisierten Schreinereien bringen. Sie schenken dem Holz dann ein zweites Leben. Bei Altholz geht es nämlich nicht immer nur um Luxus, sondern auch um Nachhaltigkeit. Ein Baum wächst zwar nach. Aber besser ist es doch, das bereits Vorhandene zu verwenden.
Jonas Manser
Eine Bibliothek aus Holz
Das Naturmuseum Thurgau in Frauenfeld zeigt neu seine 200-jährige Holzbibliothek in der Dauerausstellung. Dabei handelt es sich im wahrsten Sinne des Wortes um eine Bibliothek: Sie besteht nämlich aus Büchern, die jeweils eine Holzart genauer beschreiben. Dabei ist das Buch aus dem jeweiligen Holz gefertigt, und einem Schatzkistchen gleich enthält es weitere Bestandteile der entsprechenden Pflanze. Gefertigt wurden diese Kunstwerke vom bayrischen Benediktinerpater Candid Huber zwischen 1790 und 1805. Weitere Infos finden Sie hier!